Schmerz als Strafe – ein Oxymoron?

Vielleicht habt ihr mich schon vermisst, vielleicht auch nicht aber es müssen erst Erfahrungen gemacht werden, bevor man darüber schreiben kann und die habe ich gemacht.

In meiner bisherigen Vergangenheit war es die Regel, dass Schmerz als Strafe eingesetzt wurde, was wenn ich heute so darüber nachdenke, eigentlich ein Konzept ist, dass zu allem aber nicht zu Unterwürfigkeit führt – jedenfalls bei meiner Person. Mir wurde damit mehr oder weniger bewusst meine innere Göre anerzogen, die frech ist und widerspricht, weil ich eben bestraft werden wollte. Oft mehrmals in einer Session, weil Schmerz eben für mich keine Strafe ist, sondern eher etwas, auf das ich hinarbeite. Er lässt mich fliegen, macht den Kopf frei und ist genau das, was ich in solchen Momenten brauche. Und wenn ich den nicht bekomme, dann rebelliere ich. Ich kann mir vorstellen, dass ich nicht unbedingt unanstrengend bin für einen Dom, der absoluten Gehorsam fordert aber ich muss auch sagen, dass diese Provokationen oft nicht mal bewusst geschehen. Die Göre in mir schreit nach süßem Schmerz und tut dann alles dafür.

Wie ist aber der Stand heute? Mein Herr hat dieses wohl weit verbreitete Konzept auf den Kopf gestellt und so werde ich mit Lust bestraft, ja das geht, und bekomme Schmerz, wenn ich brav bin. Lust als Strafe kann so unglaublich effektiv sein. Glaubt mir, spätestes, wenn alles überreizt ist und ihr einfach nicht mehr kommen könnt und es trotzdem immer wieder tut, spätestens dann wird man handzahm. Kein Gedanke an Rebellion, die Göre verkriecht sich und plötzlich bettelt man. Ja, richtig gehört, ich die nie bettelt, bettelt bei dieser Art der Bestrafung. Das ist mir bei schmerzhaften „Strafen“ noch nie in dem Ausmaß passiert. Im Gegensatz dazu bekomme ich den Schmerz, den ich mir so oft so wünsche, immer dann, wenn ich artig bin. Und das ist gar nicht so schwer, vermutlich auch, weil wir im Spiel noch ganz am Anfang stehen und unsere Grenzen gegenseitig testen. Und trotzdem bricht die Göre ab und zu aus mir heraus, will mit allen Mitteln provozieren, weil dieser Switch zwischen Schmerz als Strafe und als Belohnung einfach noch nicht verinnerlicht wurde.

Ich wurde dazu erzogen zu rebellieren, wenn ich die Peitsche spüren will und glaubt mir, das kann ganz schön anstrengend sein, wenn man einfach nur fliegen will. Aber ist das nicht eigentlich verrückt? Natürlich kenne ich auch Strafen, die nichts mit Schmerz zu tun haben. Eine Nacht auf dem Teppich zum Beispiel hat früher meine innere Göre immer ganz gut zurückgedrängt aber ich muss sagen, das Konzept meines Herrn gefällt mir doch sehr, auch wenn es schwer fällt, alte Muster abzulegen.

Wir sind noch ganz am Anfang und ich bin nur zu gespannt, was er sich demnächst einfallen lässt. Jetzt könnte man behaupten, dass ich zur Wunschzettelsub geworden bin. Stimmt vielleicht in Teilen. Bei ihm kann ich Wünsche äußern und muss nicht darüber nachdenken, was es bedeuten könnte, einfach weil er mir Sicherheit gibt. Aber jetzt mal ehrlich: Wer sagt denn, dass Wunschzettel etwas Schlechtes sind? Ich habe bei ihm immer das Gefühl nein zu sagen, ganz ohne Angst haben zu müssen, dass ich versagt habe und nur, weil es im „Goldenen Buch des BDSM“ so steht, dass Sub keine Wünsche äußern darf und gefälligst Schmerz als Strafe eingesetzt werden muss, heißt das noch lange nicht, dass das MEIN BDSM ist. Wir alle verändern uns, jede Beziehung hat eine andere Dynamik und warum sollte man etwas nicht machen, nur weil man es eben nicht tut? Das wäre doch wirklich mehr als dumm. Und so werde ich in Zukunft versuchen, die Göre etwas zu bändigen, denn eigentlich brauche ich sie ja nicht mehr.

2 Kommentare zu „Schmerz als Strafe – ein Oxymoron?

  1. Endlich einmal ein mensch der die ausgetretenen Pfade verlässt. Das was Du beschriebst ist für mich gelebtes, echtes BDSM. Dieses goldene Buch des BDSM habe ich noch nie verstanden und ich finde es auch langweilig und erfahrungstötend.

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